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Leserbrief – Opfer bezahlen Täter

Der folgende Text ist ein Leserbrief an die taz, der sich mit Tätertherapie von Vergewaltigern (und vor allen Dingen mit deren Kosten) auseinandersetzt. Wir halten Tätertherapie auch für einen wichtigen Ansatz. Viel Punkte dazu, die mit diskutiert werden müssen, bleiben aber im Text unbehandelt:

  • Wenn das Justizministerium die Kosten fur Tätertherapie übernimmt, könnte das auf ein Konzept »Therapie statt Strafe« hinauslaufen. Tätertherapie als »weiche« Repression in die dann auch noch Männerprojekte als »weiche« Repressionsinstanz eingebunden werden?
  • Jede Therapie setzt aus unserer Sicht die Bereitschaft des Hilfesuchenden voraus, sich zu verändern. Bei »Therapie statt Strafe« wird das mit anderen Motiven (Schutz vor Knast) möglicherweise so vermischt, dass gar keine wirkliche Bereitschaft zur Selbstveränderung da sein kann (vgl. ähnliche Erfahrungen im Drogenbereich).
  • Therapie ist kein Allheilmittel. Es gibt genug Therapieformen, die gesellschaftliche Verhältnisse (und damit die patriarchalen Entstehungsbedingungen von Männergewalt) überhaupt nicht im Blick haben. Männergewalt ist kein Problem von »kranken« Einzelnen!

So, erstmal genug angemerkt.

Zum Text:

Betrifft Kongress »Gewalt gegen Frauen – ein Thema für Männer«

Das auf dem Kongress vorgeschlagene Konzept einer Tätertherapie ist angesichts der Gewalt, die von Männern ausgeht, nur zu begrüßen und höchst notwendig. Es ist richtig und wichtig, dass Männer sich mit den Tätern befassen und so versuchen, einen Durchbruch der Gewaltspirale zu erreichen. Das, was die einzelnen Männergruppen in den letzten Jahren an Arbeit leisteten, ist der Beweis, dass es auch andere Wege gibt, mit dem Mannsein umzugehen.
Umso erstaunter waren wir, als sich herauskristallisierte, dass die finanzielle Unterstützung dieses Projekts über das Frauen- und Jugendministerium läuft. Obwohl mehrere Anfragen zum Thema der Finanzierung innerhalb des Kongresses kamen, wurden keine Antworten darauf gegeben. Vielmehr wurde darauf verwiesen dass die Tätertherapie ja letztendlich den Frauen zugut.

Erwähnt wurde und worum es unserer Meinung nach geht, ist die Tatsache, dass dieses Geld der Frauenbewegung, die schon mehr als 20 Jahre (meist »ehrenamtlich und unbezahlt) arbeitet, verlorengeht. So ist es z.B. für die Opfer nicht möglich, eine Therapie zu bekommen, oft ist es sogar ein »Glücksfall«, einen Platz in einem Frauenhaus zu bekommen. Die Haushaltskürzungen des Frauenministeriums in Rheinland-Pfalz z.B. betragen 17 Prozent. Dies ist die größte prozentuale Kürzung in einem Landeshaushalt. Mehrere Frauen- und Mädchennotrufe bei Vergewaltigung und »Missbrauch« müssen schließen, weil sie nicht mehr finanziert werden.

Wie die einzelnen Männergruppen dazu stehen, war nicht in Erfahrung zu bringen. Es sieht aber so aus, als würde große Einigkeit darin herrschen, das Geld – 1,5 Millionen – zu nehmen und stillschweigend zur Tagesordnung überzugehen. dass hier die Opfer die Täter bezahlen, schien wohl niemanden der anwesenden Männer zu interessieren. […]
Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen hat viele Gesichter und Facetten. Es kann auch das Abgraben von Geldern sein, das eine Arbeit mit den Opfern von Gewalt unmöglich macht, und dadurch wiederum könnte wohl der Eindruck entstehen, es gäbe gar keine Opfer.

Es steht außer Zweifel, dass Tätertherapie der richtige Ansatz ist. Nur müssen sich die Männergruppen darüber im Klaren sein, dass diese Projekt nicht über das Frauenministerium finanziert werden kann. Alle Ministerien bis auf das Frauenministerium sind Männerdomänen. So gibt es also nur den Weg über ein anderes Ministerium. Sollten sich Ministerien wie Justiz und Inneres oder andere nicht bereit zeigen, das Geld für dieses wichtige Projekt zu geben, muss, wenn wir Männerarbeit nicht ad absurdum führen wollen, geschlossen von allen Männerprojekten in diesem Land das Geld abgelehnt werden. […]

»Männer gegen Männergewalt« Speyer