Alle Ausgaben des Männerrundbriefs neben- und übereinander

männerrundbrief

Editorial

Hallo, liebe Männer!
Jetzt geht es also tatsächlich los. Wir wollen in der ersten Ausgabe des Rundbriefs deshalb erst mal was zu unserem Selbstverständnis schreiben, wer wir so sind, was wir machen und was wir uns vom Archiv und vom Rundbrief versprechen. Vielleicht sollten wir am besten damit beginnen, wer wir sind und was wir bisher gemacht haben, was also der aktuelle Stand unserer Arbeit ist.
Vor mittlerweile gut 3 Monaten entwickelten fünf Männer aus Hamburg die Idee, angesichts der zahlenmäßig nun doch etwas gestiegenen Zahl von Männercafés, Männergruppen und einzelnen Männern, die sich mit männerspezifischen Problemen auseinandersetzen, ein Männer-Medien-Archiv aufzubauen, um diese wachsende Zahl an Texten zu sammeln und an einem zentralen Ort zugänglich zu machen. Wir sind Männer, die zumeist in mehr oder minder lockerer Form um das Hamburger Männercafé »Döse« organisiert sind und die sich nun schon seit längerer Zeit intensiver mit männerspezifischen Themen und Ansätzen beschäftigen.

Was haben wir in den letzten drei Monaten getan?

Wichtig für uns war, an den verschiedensten Punkten unser Selbstverständnis als Gruppe zu diskutieren. Das hat sich zum Teil an so banalen Fragen festgemacht wie der, ob Beiträge von Frauen, sofern sie von Belang sind für eine Auseinandersetzung unter Männern, im Archiv gesammelt werden sollen oder nicht. Es hat sich aber auch an der Frage festgemacht, was wir mit unserem »Projekt« (Archiv und Rundbrief) überhaupt erreichen wollen, was also unsere Ziele und unsere Erwartungen sind. Die letzten Wochen haben wir dann vor allem mit dem Sortieren und Archivieren des Materials zugebracht, das sich über die Jahre im Männerordner des Hamburger Info-Ladens »Schwarzmarkt« angesammelt hatte. Die Ausbeute ist bescheiden, eine Liste des archivierten Materials findet ihr auf den folgenden Seiten. Wir glauben allerdings auch, dass dies eben zur Zeit die aktuelle Situation der »radikalen Männerbewegung« widerspiegelt.

Was haben wir vor?

Damit wären wir auch schon bei der Frage, was wir konkret vorhaben.
Die momentane Situation ist unserer pessimistischen Einschätzung nach (noch) geprägt von einem erheblichen Strukturdefizit. Es gibt in der Tat nahezu keine überregionalen Strukturen, in denen umfassend männerspezifisches Material gesammelt und ausgewertet wird.
Die Idee unseres »Projekts« ist die, bundesweit Material aus der »radikalen Männerbewegung« zu sammeln, zu archivieren und gleichzeitig mit dem Rundbrief ein Forum zu schaffen, das eine bundesweite Diskussion möglich macht. Konkret heißt das, dass wir Beiträge und Material, das bei uns eingeht, sowohl archivieren als auch im Rundbrief dokumentieren wollen.
Unsere Idealvorstellung ist die, dass eingegangenes Material nach bestimmten Diskussionssträngen zusammengefasst und nach Schwerpunkten im Rundbrief veröffentlicht werden kann mit dem
Ziel, ein Forum für eine bundesweite Diskussion zu aktuellen Themen zu schaffen. Die derzeitige Situation ist – wie schon bemerkt – dadurch gekennzeichnet, dass viele Gruppen Diskussionen führen und auch Texte veröffentlichen, zu denen anderswo auch diskutiert wird, die sich oft aber aufgrund einer fehlenden überregionalen Struktur nicht aufeinander beziehen können. Das soll anders werden.

Wie wollen wir das leisten?

Klar ist, dass ein Archiv nur dann Sinn macht, wenn es auch was zu archivieren gibt. Und auch im Rundbrief steht nur was drin, wenn uns neue Beiträge zugeschickt werden. Deshalb kommt an dieser Stelle nun ein Aufruf an eure Mitarbeit!
Am idealsten fänden wir, wenn ihr – organisierte Männergruppen oder (noch) nicht organisierte Männer – uns eine Postkarte schicken würdet mit der Zusage, regelmäßig erscheinende lokale Blätter und Zeitungen nach männerspezifischen Beiträgen auszuwerten. Wir kommen hier in Hamburg nicht an alle lokalen Zeitungen ran und können deren Auswertung alleine auch gar nicht leisten. Also, Männers, ran an die Arbeit und ab und zu mal einige lesenswerte Artikel an den Rundbrief geschickt! (Und nicht vergessen: wenn ihr das regelmäßig machen wollt, teilt uns das bitte mit, damit wir wissen, welche Arbeit wir uns sparen können.)

Nun aber zu unserem Teil der Arbeit. Da wir zur Zeit noch davon ausgehen, dass wir in den nächsten Monaten nicht von Papierbergen erschlagen werden, wollen wir euch an dieser Stelle ein Angebot machen. Wir bieten euch vorläufig und unter Vorbehalt an, schwer zugängliche Texte, die nicht im Rundbrief erscheinen, aber im Archiv vorhanden sind, gegen Vorauszahlung (in Briefmarken plus Porto) zu kopieren und euch zuzusenden. Diese Zusage wird sich allerdings an der Praxis noch bewähren müssen. Wir können es nämlich aus unserer Struktur heraus nicht leisten, bundesweiter Copy-Service für sicherlich lesenswerte Texte zu werden.

Zur Finanzierung

Viele von euch haben sich bei den Libertären Tagen in Frankfurt in eine Liste eingetragen mit dem Wunsch, den ersten Rundbrief zu erhalten. Einige haben fünf oder zehn DM gezahlt, andere haben sich nur in die Liste eingetragen. Einige wenige haben bislang einen ähnlichen Betrag auf unser Konto überwiesen. Allerdings ist auf der Liste nicht vermerkt, wer wie viel bezahlt hat. Wir haben im Moment in etwa soviel Kohle, dass wir allen, die auf der Liste stehen, den ersten Rundbrief zusenden können. Wenn ihr nach dieser ersten Ausgabe Interesse am Rundbrief haben solltet, wäre es für uns organisatorisch am günstigsten, wenn ihr diesen für die nächsten fünf Ausgaben zum Preis von DM 25,- incl. Portokosten abonnieren würdet. Der Erscheinungsmodus soll ca. alle 2-3 Monate sein – also ca. 5 mal pro Jahr. Ihr könnt diesen allerdings auch einzeln bestellen, mit einer Postkarte und einer Überweisung von DM 5,- incl. Portokosten auf unser Konto. Wir hoffen, dass unsere Entscheidung, den ersten Rundbrief an alle, die sich in die Liste eingetragen haben, zu verschicken und dafür die bisher eingegangene Kohle zu verwenden, für alle o.k. ist. Neben der Finanzierung des Rundbriefs fallen für uns allerdings auch laufende Kosten für das Archiv an (Miete, Kopierkosten, etc.). Das bedeutet, dass wir zu einem gewissen Teil auch auf Spenden von euch angewiesen sind. Das müssen auch keine riesigen Summen sein, wir sind über jeden noch so kleinen Beitrag dankbar.

Zu unserem Namen:

Warum nennen wir uns »profeministisch«? Über den Zusatz »profeministisch« haben wir längere Diskussionen geführt und auch von außen wurden schon einige Anfragen an uns herangetragen, warum wir uns profeministisch nennen und nicht etwa »antipatriarchal«.
Diese Frage führt uns direkt zur politisch/ideologischen Einordnung unseres Projekts.
Wir halten die Bezeichnung profeministisch für alles andere als optimal für die politische Verortung eines Männerprojekts. Sie ist entstanden aus dem Bedürfnis nach Abgrenzung bzw. dem Bedürfnis nach einer Standortbestimmung in einer Fülle von »männerbewegten« Gruppen und Richtungen, von denen die meisten sicherlich nicht einer »radikalen Männerbewegung« zuzuordnen sind, deren Entstehen oder Anwachsen – je nach momentaner Einschätzung – wir uns als längerfristiges Ziel wünschen. Wir verstehen uns als Teil einer Männerbewegung, die die bestehenden patriarchalen Verhältnisse »radikal« in Frage stellt in dem Sinne, dass es unserer Meinung nach nicht genügt, sich als »bewegter« Mann mit sich und seinen männlich patriarchalen Anteilen auseinanderzusetzen (womöglich noch, um »mit Frauen oder seiner Beziehung wieder besser klarzukommen«). Um Mißverständnissen vorzubeugen, wir begrüßen eine solche Entwicklung von Männem aufs Freudigste. Wir sind allerdings der Auffassung, dass eine solche Auseinandersetzung mit den eigenen männlichen Strukturen nicht mehr als ein erster Schritt, eine Voraussetzung sein kann auf dem Weg zu einem Verhalten, das auch die patriarchalen Strukturen der Gesellschaft erkennt, diese kritisiert und sie zu verändern hilft.
In diesem Sinne verstehen wir uns als profeministisch, als solidarisch mit den Forderungen und Zielen von Frauen, die patriarchale Vergesellschaftung zu bekämpfen. Profeministisch bedeutet also nicht, dass wir uns in irgendeiner Art und Weise feministischer Methoden oder Ansätze bedienen wollen – was wir als Männer ja auch gar nicht können – sondern es bedeutet vielmehr, dass wir gerade eigene männerspezifische Ansätze entwickeln und forcieren wollen, die mit feministischen Forderungen und Ansätzen solidarisch sind. Dies impliziert natürlich, dass wir uns mit diesen feministischen Ansätzen sehr wohl auseinandersetzen wollen.

Wir meinen, dass dieser Anspruch der Solidarität mit feministischen Forderungen durch den Begriff profeministisch noch am ehesten widergespiegelt wird, wohingegen wir eine Bezeichnung wie »antipatriarchal« in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation für vermessen halten würden. Außerdem scheint uns profeministisch als Abgrenzung von sich explizit »antifeministisch« nennenden »Männerbewegtem« geeigneter als irgendein anderer Begriff. Unser Ziel ist es also, um es noch einmal zusammenfassend zu sagen, einen Beitrag zu leisten zum Aufbau einer »radikalen Männerbewegung«, die aus »eigenen Bedürfnissen« heraus »eigene Ansätze« entwickelt, die solidarisch mit den Forderungen der feministischen Bewegung an einer Veränderung der Gesellschaft arbeitet, zumindest aber sich nicht kontraproduktiv zu diesen verhält.

Wir wollen an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass unsere Diskussion um die Bezeichnung profeministisch noch andauert und dass das Meinungsbild innerhalb der Gruppe bezüglich der Verwendung des Begriffs sehr heterogen ist. Wir wollen deshalb im nächsten Rundbrief unsere Diskussion um die Begriffe profeministisch und antipatriarchal bzw. deren Gehalt, Aussagekraft und Verwendung dokumentieren und zur Disposition stellen und hoffen auf kritische Anregungen und Stellungnahmen.

Zuletzt zur Struktur des Archivs

Abschließend wollen wir noch ein paar Sätze zum Aufbau und zur Systematik des Archivs sagen.
Nach längeren Diskussionen haben wir uns nun dazu entschlossen, nicht nur Beiträge von Männergruppen bzw. von Männern zu männerspezifischen Themen zu archivieren, sondern auch Texte von Frauen und gemischten Diskussionsgruppen, sofern sie Bezug nehmen auf Männer und Diskussionen von Männern. Das bedeutet, dass wir feministische Analysen und Texte, auch wenn sie inhaltlich in eine der Rubriken unserer Systematik – also beispielsweise Pornographie – passen, nicht archivieren, außer sie beziehen sich explizit auf einen Beitrag oder Aussagen von Männern oder Männergruppen zu diesem Thema. Die gesammelten Texte werden also nach dem Kriterium Männerbeitrag, feministischer Beitrag oder Beitrag aus einer gemischten Diskussion unterschieden. Beiträge aus gemischten Diskussionen können allerdings durchaus auch spezifische Männerbeiträge enthalten, die sich auf diese Diskussion beziehen. Alle drei Bereiche sind dann jeweils nach folgender Themensystematik untergliedert:

– Männerbewegung allgemein
– Männergewalt!Vergewaltigung!Sexismus
– Sexualität/Zwangsheterosexualität
– Patriarchatsdiskussion
– Antimilitarismus
– Rassismus/Klassenwiderspruch/Sexismus
-Schwule
-Pornographie
-Pädagogik
– Broschüren
-Plakate

Es versteht sich von selbst, dass diese Systematisierung eine vorläufige ist, die sich an der Praxis bewähren muss und mit ihr weiterentwickeln wird. Um Anregungen über mögliche Defizite oder Verbesserungsvorschläge sind wir äußerst dankbar.

Diese kurze Darstellung unserer Ideen und des aktuellen Standes soll für’s erste genügen. Wir werden selbstverständlich versuchen, euch in jedem Rundbrief über aktuelle Veränderungen und Weiterentwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

In diesem Sinne, mischt euch ein, bringt Vorschläge, übt Kritik und vor allem: schickt eure Diskussionsbeiträge, Artikel oder was ihr sonst für veröffentlichungswert haltet, etwa Termine, an unsere Postadresse:

Profeministisches Männer-Medien-Archiv

Das Archiv selbst befindet sich im:
Café Döse
Bartelstr. lO
2000 Hamburg 36

Die Öffnungszeit des Archivs ist vorerst Dienstag von 15-19 Uhr.

Der Rundbrief des Profeministischen Männer-Medien-Archivs kann bestellt werden durch Zusenden von DM 5,- incl. Porto in Briefmarken oder eine Überweisung des Betrags bzw. der Abo- Beiträge auf das Konto

Spenden für die laufenden Archivkosten auf dasselbe Konto sind ebenfalls herzlich willkommen. Kennwort: Archiv.

Vergesst bitte das Mitsenden eurer neuen Postleitzahl nicht, sonst schieben wir eine Nachtschicht nach der anderen!!!

Wir wünschen euch nun viel Spaß beim Lesen und sind voller Erwartung auf die uns (hoffentlich) überhäufende Papierflut!?

Die Archiv-Männer