zum text über das geschlechterverhältnis von TENKILE in der wie weiter 2. 93
männer haben offensichtlich nicht gerade die theoretischen durchbrüche zur bestimmung des geschlechterverhältnisses beigetragen. von den praktischen veränderungen, die von männern ausgehen, bzw. vielmehr nicht ausgehen ganz zu schweigen. grundsätzlicher zweifel gegen theoriemänner ist daher durchaus angebracht.
wie TENKILE richtig feststelllen, sind viele männer, zumindest was die autonome szene betrifft, von Versatzstücken des »marxismus-leninismus« geprägt. und damit auch vom Mythos des nebenwiderspruchs dieser theorie aus »männlicher sicht«.
als berichtigende theoretische Weiterentwicklung ist es also wichtig, genau zu schauen wie frauen unterdrückt werden, welche gesellschaftlichen zusammenhänge dabei am wirken sind. dazu ist es notwendig, sich einen überblick von der momentanen situation zu verschaffen, um eben dieses scheinbare »kleine übel« in seiner dimension richtig wahrzunehmen. genauso wie durch den blick auf die geschichte die historische herausbildung des geschlechterverhältnisses und der männlichen und weiblichen geschlechterrolle zu klären ist.
aber dies eben nicht auf grundlage bisheriger »männlicher sichtweise«.
da uns bei TENKILE genauere aussagen dazu fehlen, bzw. wir letztlich nur auf »heiße luft« gestoßen sind, finden wir es notwendig, ihren text zu kritisieren. wir sind dabei nicht unbedingt auf samtpfoten einhergeschlichen. die zeit der nettigkeiten männern gegenüber ist in diesem zusammenhang vorbei. um nicht bei kritik stehen zu bleiben, um die auseinandersetzung über das geschlechterverhältnis weiter zu treiben, werden wir im zweiten teil dieses textes unsere erklärung dazu zur diskussion stellen.
1. ZU TENKILE
was sagt TENKILE zum gewaltverhältnis zwischen den geschlechtern?
in ihrem tert wird das verhältnis zwischen den geschlechtern als gewaltverhältnis des mannes gegenüber der frau bestimmt. soweit, so richtig. was dann folgt ist’s weniger.
dass sie ihren oberbegriff »imperialistisches patriarchat« (was immer das auch heißen mag) von »den feministinnen« (?, d. v.) übernommen haben, mag ja ganz nett sein, nur scheint uns das als kriterium nicht ausreichend.
patriarchat verstehen sie »… als politischen und ökonomischen begriff. er gründet im wesentlichen auf dem männermonopol über die weibliche fruchtbarkeit und sexualität, der anwendung aller formen von gewalt gegen frauen, der überausbeutung der umfassenden materiellen produktion und reproduktion der frau und den dazu erforderlichen ideologien.«
nur, woher kommt denn dieses »männermonopol«? oder ist das etwa einfach gegeben, gar natürlich?
um irgendein »männermonopol« durchzusetzen bedarf es bereits eines gewaltverhältnisses des mannes gegenüber der frau, und das muß ja wohl irgendwo herkommen.
wir vermuten TENKILE beziehen sich hier unter anderem auf INGRID STROBL:
»sexualität wird zu einem hebel ihrer (der frau, d.v.) unterwerfung, sobald der mann sich seiner macht – die frau zu schwängern und damit auch zu schwächen – bewusst wird.«
(aus: metropolen(gedanken) & revolution?, ingrid strobl: die angst vor den frösten (!, d.v.) der freiheit, s. 17)
ja woher nimmt denn mann überhaupt diese macht? warum haut frau ihm nicht eine auf’s maul, wenn er versucht sie zu schwängern? und wieso soll es per se eine »schwäche« sein, wenn frau schwanger ist? hier ist doch bereits ein gesellschaftliches verhältnis unterlegt, das grund für diese »schwächung« ist. das lässt sich doch schon daraus sehen, dass es zeiten gab, in denen schwangerschaft und gebärfähigkeit der frau die zentrale position in der gesellschaft eintrugen. oder etwa noch nie was von matrilinearen gesellschaften gehört?
zurück zu TENKILE:
auch hinsichtlich der »anwendung aller formen von gewalt« und der »über(?, d.v.)ausbeutung« der frau, zäunen sie den elch von hinten auf. da wird was vorausgesetzt, das erstmal einer grundlage bedarf. wieso üben männer gewalt gegen frauen aus? wieso beuten sie frauen aus? etwa weil sie »böse« sind? wieso können sie das überhaupt? und wieder: wieso lässt frau sich das gefallen, wieso schlägt sie nicht zurück, und wenn, wieso zieht sie die kürzere?
Im weiteren werden dann nur noch begriffe aneinander gereiht, nicht erklärt, nicht zueinander in bezug gesetzt:
»kapitalismus, imperialismus, sexismus und rassismus bezeichnen somit ökonomische, politische, soziale und strukturelle erscheinungsformen einer bestimmten entwicklungsstufe des patriarchats.«
ja und? hier kann sich mensch wohl nach belieben alles mögliche dazu denken, erklärt wird damit nichts, am allerwenigsten das gewaltverhältnis zwischen den geschlechtern, das scheinbar aller historischen entwicklung entbehrt. sich unverändert durch die geschichte zieht. woher es kommt, dieses gewaltverhältnis, welche grundlage es hat, welche materielle basis, wie es sich verändert, darüber schweigt der sänger höflichkeit. dass das geschlechterverhältnis nicht als solches vom himmel gefallen ist, ist hoffentlich bekannt, nur der text von TENKILE legt dies nahe, und zementiert es damit für alle zeiten.
zu TENKILES »geschichte in groben zügen«
die »historische kontinuität« ist anscheinend ein beliebter, von autonomen verwendeter begriff.
natürlich ist er auch ganz praktisch: wenn sich »das böse«, meist im gewande von personal gedachter herrschaft, kontinuierlich durch alle zeiten zieht, braucht mensch sich nicht sehr lange den kopf zu zerbrechen. alle geschichte taucht nur noch unter dem aspekt von herrschaftssicherung einer bestimmten clique auf. widersprüche, veränderungen, auch positive, werden theoretisch weggeplättet.
das hauptproblem an solcher sichtweise ist, neben der einebnung von geschichte, die personalisierung gesellschaftlicher verhältnisse. es stehen sich nur noch personen (-gruppen) gegenüber: die »bösen« kapitalisten den »guten« proletariern, die »bösen« männer den »guten« frauen, die »bösen« weißen den »guten« schwarzen. damit nimmt geschichte endgültig biblische dimensionen an. gerät zum immerwährenden kampf der »guten« gegen die »bösen«.
dabei gilt: je »unterdrückter« umso besser in der hierarchie des guten.
Ein pech für TENKILE, dass sie weiße, metro-p(r)oletarische männer sind und keine schwarzen frauen. Oder etwa gar veganerInnen, behinderte, fahrradfahrerInnen, staubsaugervertreterInnen etc. hauptsache sympathisantisch mit allen unterdrückten, beleidigten und geschundenen dieser welt. YO!
zu diesem denken hier nur soweit:
personifizierungen von »gut« und »böse« taugen als theoretische kategorien nicht die bohne.
es geht nicht um gut oder böse, es geht um gesellschaftliche verhältnisse, menschengemacht und menschen machend.
»gut« und »böse«, oder, wem’s lieber ist, »frau« und »mann«, proletarier und kapitalist, etc. bezeichnen jeweils zwei seiten ein und derselben medaille, eben ein gesellschaftliches verhältnis.
will ich dieses verhältnis kippen, muss ich beide seiten der medaille in die wüste schicken.
dass dies nicht zwangsläufig in kollektiven selbstmordkommandos unterstützender männer geschehen muß, sondern in der abschaffung der geschlechterrollen mit dem ziel einer konkurrenzfreien gesellschaft, in der geschlecht keine rolle spielt, sollte eigentlich klar sein.
die folgen der TENKIL’schen »analyse«
lesen wir mal zwischen den Zeilen:
der »orthodoxe« Nebenwiderspruch patriarchat wird bei TENKILE zum – unorthodoxen nebenwiderspruch.
Sie kümmern sich weiterhin und vor allem um den kampf gegen staat und kapital.
Nebenbei bemerkt: wo der staat in ihrer theorie plötzlich herkommt hätten wir auch gerne gewusst. Unsere vermutung: er ist bestimmt auch von den »bösen« geschaffen.
jedenfalls ist es dann nur folgerichtig, dass die »sache mit dem patriarchat« mal wieder frauensache bleibt oder wie TENKILE schreibt:
»allgmein qesprochen bedeutet dies, dass der »qeschlechter-widerspruch nur (!, hervorhebung, d.v.) von den orqanisierten autonomen politischen kräften der frauen, dem revolutionären feminismus in seine politische form als kampf der gegensätze gebracht werden kann.«
also weiter wie bisher, hauptsache in den flufblättern taucht »patriarchat« auf?
Spätestens ab hier ist das ganze nicht mehr lustig!
Das gewaltverhältnis der geschlechter wird wiedermal zur frauensache erklärt. Mann ist fein heraus und lässt patriarchat patriarchat sein, egal ob er sich als männergruppe organisiert oder weiterhin in gemischten gruppen verbleibt. Er steht daneben, als unterstützer/ behindernder sympathisant.
Folgt mensch der argumentation von TENKILE, ist dieses ergebnis nur logisch. Dahinter steht anscheinend das »drei zu eins – klassenwiderspruch, rassismus und sexismus«-papier mit der vorgabe, richtige erkenntnis sei notwendig und ausschliesslich mit der jeweiligen »konkreten« form von unterdrückung verknüpft. Demnach können weiße männer natürlich keine ahnung von sexismus und rassismus haben, also müssen sie es wohl oder übel den scheinbar »unmittelbar betroffenen« überlassen.
Wie wäre es eigentlich, wenn mensch mal versuchshalber vom gegenteil ausginge?
Da mann ja erstrangiger sexist ist, also gewissermaßen experte im sexismus, ist es doch logisch, dass er, wenn er sich mit seiner rolle und mit seinem denken und fühlen auseinandersetzt, gewissermaßen an der quelle ist. Welche frau vermag schon tief in die tiefste männliche sexistenseele zu sehen wie der betreffende selbst?
(auch eine frage der zumutbarkeit
anscheinend haben diese männer keine ahnung davon, was sie sind und wieso sie so sind, und können sie laut eigener theorie auch gar nicht haben. Es ist ihnen auch kein problem. Zum problem wird es ihnen nur dadurch, dass sie von frau in frage gestellt werden.
Auf die idee sich selbst in frage zu stellen, die sie als männer in einer patriarchalen gesellschaft einnehmen, kommen sie nicht.
Das liegt daran, dass sie zwar vom geschlechterverhältnis sprechen, aber nicht wissen was das eigentlich ist, was dabei mit den geschlechtern passiert, was mänliche und weibliche geschlechterrolle ausmacht.
Damit ist gemeint, dass mann, wenn er sich mit dem, was heute männlichkeit ausmacht, auseinandersetzt, erst feststellen kann, dass er eine, milde ausgedrückt, beschränkte person ist. Eine recht verdrückte figur. Ein auf konkurenz ausgerichteter, gewalttätiger/-bereiter, zweckrationaler gefühlskrüppel. Nur um mal so grob die richtung anzudeuten. d.h. seine gefühlsmäßige wahrnehmung, seine gedankliche vorstellungskraft, die auch utopien prägt, und sein handeln sind davon bestimmt.
Wirklich genug gründe sich mit sich und seiner gesellschaftlichen rolle zu befassen.
Und damit ist schon mal vorgegeben, worauf kritik und selbstkritik von männern und die daraus folgenden persönlichen und gesellschaftlichen veränderungen zielen müssen: nämlich nicht auf ihr »biologisches« sondern ihr gesellschaftliches mann-sein.
Diese männlichkeit gehört abgeschafft, samt den dahinter stehenden gesellschaftlichen verhältnis und der entsprechenden weiblichkeit.
Soweit zum text von TENKILE.
Es gäbe noch verschiedene weitere punkte zu kritisieren, doch würde das hier zu weit führen.
Stattdessen zu dem punkt, in dem wir TENKILE zustimmen:
das geschlechterverhältnis ist ein gewaltverhältnis.
Wie ist es zu erklären?
Lesen sie dazu die fortsetzung, schon in der nächsten ausgabe ihrer beliebten wochenzeitschrift wie weiter wird es heißen: