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männerrundbrief

die schwulen und die LINKEN

Die linken Heterosexuellen sind kaum minder schwulenfeindlich, als der Rest der Gesellschaft in der sie leben. Was nicht verwunderlich ist, denn es gibt keine Auseinandersetzung darüber und so werden unhinterfragt bürgerliche Moralvorstellungen, Normen, Vorurteile und Wertungen übernommen.
Dieses Unterstützen der öffentlichen und privaten Normen. durch die im wesentlichen männliche und patriarchale, heterosexuelle und antihomosexuelle Linke, ist eine Unterstützung des Systems selbst. Reproduzierend und wahrhaftig nicht revolutionär! Aber Angriffe von Linken gegen Schwule laufen auf vielen unterschiedlichen Ebenen ab und haben verschiedenste Ausdrucksformen, weswegen sie von Heteros oft nicht einmal wahrgenommen werden.

subtil, subtil

Als Erwähnung in Opferlisten von faschistischer Gewalt sind wir gerngesehen. Und da sollen wir offensichtlich auch bleiben. Denn so sind wir bequem, nerven nicht. Alibi-Opfer für’s gute Gewissen. Wenn wir als linke Schwule dann auch mal bewusst wahrgenommen werden, sind wir oft nur geduldet, weil wir so praktisch als Beweis für die wahnsinnige Toleranz der »aufgeschlossenen, antipatriarchalen« Männlichkeit herhalten.
Darauf können wir verzichten.
Denn es wird selten gut getarnt, wie sehr nur der männliche, coole Streetfighter, der harte Typ mit dem großen Schwanz und den Muskeln aus Stahl gesucht ist. Dafür wird uns Schwulen gerne zugestanden, für kulturelles und leicht verdauliche Unterhaltung zu sorgen. Das wird konsumiert wie warme Semmeln. Obwohl viele Schwule das als gesellschaftliche Nische und nicht als Aufbau von Gegenkultur auch annehmen, wird einem leicht speiübel, wenn die selben Tunten, die zuvor dafür gut sind, für gute Laune zu sorgen, auf einem Plenum, wenn sie im Fumnel rumlaufen, nicht einen Deut mehr ernst genommen werden
Ganz normaler Sexismus halt.

Allerdings ist die Hetero-Linke insgesamt so prüde, dass so manches Kulturgut und einiges an schwulem Leben schwer verdaulich für sie ist. Drastischer formuliert: Die reaktionäre und HERRschaftssichernde bürgerliche Moral wird als Unterdrückungsinstrument voll angenommen. Aber: Auch das Ignorieren von Unterdrückungsverhältnissen durch die Betonung der angeblichen Normalität von Schwulsein, ist schwulenfeindlich, negiert es doch jegliche Notwendigkeit schwulen Kampfes und Widerstandes. Das war jetzt viel ziemlich herbe Kritik, aber das führt hoffentlich dazu, dass ihr mal darüber nachdenkt. Keine Angst, wir fressen euch nicht.
Gegen all diese Scheiße werden wir aber auch nicht, auf Integrationsfallen wartend, in Gejammer versinken, sondern wollen uns soviel Raum erkämpfen, wie wir brauchen und soviel und wie wir es für nötig halten. Die Tunten-Terror-Antifa-Bustour’93, die wir gerade machen, ist ein Teil davon.

FÜR EIN HERRSCHAFTSFREIES LEBEN

In der Roten Flora in Hamburg wurden Schwule auf einem konzert ernsthaft aufgefordert vor der Tür zu knutschen.

Einem Schwulen, der im Rock auf einer Antifa-Demo war, wurde nahegelegt zu verschwinden, weil er die Faschos provozieren würde und dann geschützt werden müsste.

Auf der Demo gegen die FAP-Geschäftsstelle in Halstenbeck wurden Faschos als »Schwule Säue« beschimpft. Außerdem: »Ihr müsst wohl mal wieder richtig durchgefickt werden.«

»Sucker« wird als »normales« Schimpfwort benutzt, obwohl bekannt ist, dass es ein amerikanisches Schimpfwort gegen Schwule ist. Es wird sich nicht entblödet zu entgegnen, dass sucker laut Lexikon ja auch Insektensaugrüssel bedeutet.

Bei der Schwulenkneipe »Schwule Sau« in Hannover haben szenezugehörige Heteromänner und -frauen an davor stehenden fahrrädern Luft abgelassen, weil sie am Schwulentag nicht reingelassen wurden. Im drauffolgenden Streit wurde ein Schwuler aufgefordert doch »endlich mal normal« zu reden.