Alle Ausgaben des Männerrundbriefs neben- und übereinander

männerrundbrief

2. JEDI: ZUM GEWALTVERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN

JEDI-RITTER
FÜR DAS GUTE – GEGEN DAS BÖSE! YO!
FEBRUAR 1993

Vorwort
das folgende ist keine welterklärung, sondern eine theoretische herleitung der struktur des gewaltverhältnisses zwischen den geschlechtern. es soll nicht der einzelne gewaltakt erklärt werden. Es werden „idealtypen“ beschrieben: das absrakte prinzipder sphären, geschlechter usw. soll klar werden. Auf beispiele haben wir der kürze wegen völlig verzichtet. Beispiele gibt‘s im JEDI-reader.
Heute wird’s weniger lustig. Ist ja auch theorie.

2. JEDI: ZUM GEWALTVERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN

das geschlechterverhältnis, wie wir es in der bürgerlichen gesellschaft vor uns haben, fällt nicht als solches vom himmel. es ist ein gesellschaftliches verhältnis und deshalb ist es notwendig dieser gesellschaft auf den patriarchalen grund zu gehen.
der abstrakteste begriff für den im weitesten sinne warenförmigen bereich bürgerlicher gesellschaft ist die tauschwertvergesellschaftung. wichtige kategorien darin sind ware und tausch.

ware und tausch

waren kennen wir alle, oder andersrum, wir tun uns ziemlich schwer, wenn wir nach was suchen sollen, das keine ware ist. essen , trinken, klamotten, wohnungen: alles waren. arbeitskraft, dienstleistungen: ebenfalls waren. alles muss mit geld bezahlt werden.
sogar der/die ärmste bettlerin steckt noch in diesem system: er /sie erbettelt sich geld um damit waren kaufen zu können. es gibt kein drumrum mehr heute um die ware, kauf oder stirb ist die devise.
auch waren fallen nicht als solche vom himmel.
erstmal ist ein tisch nur ein tisch und sonst nichts. habe ich holz, baue mir daraus einen tisch und benutze ihn, hat das mit ware nichts zu tun. der tisch wird erst zur ware, wenn man ihn vertauscht bzw. verkauft. dieser akt des verkaufens wird als tausch bezeichnet. tausch ist ein bestimmter, genau definierter theoretischer begriff.
heute wird in der reqel ware qegen geld getauscht.
die qrundlegendere form ist der tausch ware gegen ware.

die quantitäten, in denen waren vertauscht werden, also etwa ein tisch gegen drei stühle bestimmt sich über ihren wert im tausch, ihrem tauschwert.
tauscbwertvergesellschaftung bezeichnet also menschliche/männliche vergesellschaftung, die zentral über warenproduktion und -tausch vermittelt ist. es ist nichts überhistorisches. sie hat einen historischen beginn, entwickelt sich in der geschichte und wird ein ende finden. YO!

gewaltige konkurrenz

voraussetzung für den tausch sind mindestens zwei tauscher, wovon einer etwas besitzt, was der andere gerne hätte, und umgekehrt. auf der einen seite herrscht Mangel, der durch den tausch behoben werden soll, auf der anderen überschuß, der vertauscht werden kann und soll, und umgekehrt. je mehr mann dabei für seine ware erhält, desto besser kann der eigene mangel behoben werden. beim gegenüber ist das allerdings ebenso.
insofern stehen sich hier zwei besitzer von waren gegenüber, die jeweils möglichst wenig geben und und möglichst viel erhalten wollen, zwei gegner.
weitet sich der tausch aus, entstehen zusätzliche gegnerschaften:
besitzer gleicher waren werden zu gegnern. Sie stehen in konkurrenz um etwaige kunden. Käufer treten in konkurrenz um (knappe) waren.
diese gegnerschaft der tauscher ist in seiner anlage gewaltförmig. für den tauscher sind gewalttätigkeit/ -bereitschaft unerläßliche eigenschaften im konkurrenzkampf. das läßt sich auch daran sehen, dass diese latent vorhandene gewalt immer wieder ausbricht.

die warenproduktion
eine ware wird erst dann zur vollständigen, wenn sie ausschließlich zum zweck des tausches hergestellt wird.
was sind nun weitere kennzeichen dieser warenproduktion, im gegensatz zur herstellung der zum leben notwendigen dinge, bevor der tausch und damit waren das zentrale merkmal gesellschaftlicher produktion wurde?
richtet sich das handeln nur auf den eigenen gebrauch, nicht auf den tausch, heißt das:
es existiert ein bedürfnis, menschen suchen gemeinsam ein mittel dieses bedürfnis zu befriedigen; finden sie es, wird es, soweit möglich, benutzt.
alles fühlen, denken und handeln bezieht sich hier nicht auf ein einzeln stehendes ich sondern geht im gruppenzusammenhang auf und unter. es steht in direkter unmittelbarer einheit mit den gruppenbedürfnissen und deren befriedigung. gewalttätiges gegeneinander ist in diesen bedingungen nicht angelegt und wäre nur hinderlich.
menschliches fühlen, denken und handeln richtet sich hier auf einen relativ kleinen kreis unmittelbar aufeinander bezogener und miteinander agierender menschen mit einem gemeinsamen horizont. Die arbeitsteilung ist gering, bei relativer bedürfnisarmut.

ganz anders bei der warenproduktion, die ja nicht eine produktion für den unmittelbaren eigenen gebrauch ist, sondern für den tausch:
das heißt aber, das handeln, denken und fühlen des warenproduzenten und tauschers richtet sich nicht nach seinen eigenen unmittelbaren bedürfnissen, sondern nach den anforderungen des tausches: dem erzielen eines maximalen nutzens bei minimalen eigenen einsatz. die produktion muß betriebswirtschaftlich rational und sachlich ablaufen, sonst läßt sich dieses ziel nicht erreichen. bei ständigem zwang sich gegen konkurrenten durchzusetzen oder bankrott zu gehen, stellt sich hier einzelner tauscher (bzw. erstmal tauschergruppe) gegen einzelnen tauscher. ursache für selbstbewußtheit also ich-identität oder, anders betrachtet, für vereinzelung und weiter für gewaltförmiges handeln, leistungsdenken und »grenzenloses wachstum«. danach, nach erfolg oder mißerfolg in der realisierung des vom tausch gesetzten selbstzweckes, strukturiert sich das handeln, denken und fühlen des tauschers.

der tausch und die ihm innewohnende dynamik, setzen den vereinzelten tauscher mit immer mehr konkurrierenden tauschern in beziehung, bis hin zum heutigen weltmarkt. der kleine kreis unmittelbarer bedürfnisbefriedigung wird durchbrochen. kennzeichnend sind weiter eine zunehmende produktivität, arbeitsteilung und grenzenlos werdende bedürfnisentfaltung – für immer weniger – bis zum verhungern, umkippen und erbrechen.

tausch und warenproduktion als eigener gesellschaftlicher bereich

tausch und warenproduktion ergeben einen eigenen gesellschaftlichen bereich, der sich grob wie folgt beschreiben läßt:
es herrscht konkurrenz und damit zumindest latente gewaltförmigkeit. die produktion ist auf abstrakte leistung und gewinnmaximierung ausgelegt und vom unmittelbaren eigenen bedürfnis entkoppelt. die produktion ohne grenzen wird zum zwang, bestimmt vom siegen müssen im gegeneinander der tauscher.

die spaltung der gesellschaft

mit der entstehung des bereichs von tausch und warenproduktion spaltet sich die gesellschaft in zwei bereiche:
in einen begrenzten bereich des miteinander und der bedürfnisbefriedigung und einen sich ausweitenden bereich des tausches, verbunden durch ein gegeneinander, entstanden aufgrund »mangelnder« direkter bedürfnisbefriedigung.
diese beiden hereiche haben sich historisch in der weise entwickelt, dass die sphäre des tausches immer mehr inhalte der gesellschaft, und d.h. letztlich natur- und zwischenmenschliche beziehungen in sich aufsog und in warenform brachte.
der gesellschaftliche bereich, der (noch) nicht im tausch aufging, alle unmittelbare bedürfnisbefriedigung, wurde dadurch zusehends reduziert.
reduziert auf das, was sich der verwertung, also der warenform, am hartnäckigsten widersetzt. in letzter instanz ist das direkte zwischenmenschlichkeit, d.h. u.a. eine spezifische emotionalität, die in diesem gesonderten abgespaltenen raum ihre eigene entwicklung durchmacht/e.
die beiden sphären wurden/werden dadurch einerseits in ihrer gegensätzlichen entwicklunq zunehmend weiter auseinander getrieben, bleiben aber andererseits auch immer aufeinander angewiesen.
für die »vollendung« dieser spaltung sorgte die industrialisierung. in ihrer kapitalistischen form wird tauschwertvergesellschaftung bis an den rand des möglichen getrieben, an die »grenzen des wachstums«.
damit bilden sich die beiden sphären, wie sie dem wesen nach heute in den metropolen existieren, heraus:
die öffentlichkeit als bereich des tausches und die privatheit als bereich, der noch unverwertet ist bzw. sich noch nicht weiter verwerten läßt, als bereich unmittelbarer menschlichkeit.

Das verhältnis der sphären – ein gewaltverhältnis

die beziehung dieser sphären zueinander ist eine hierarchische: war ehemals der bereich unmittelbarer bedürfnisbefriedigung der zentrale, gewann der bereich des tausches, mit seiner ständigen ausweitung, was ja auch eine ausweitung des gewaltpotentiales ist, immer mehr an bedeutung.
heute liegt fast alle gesellschaftliche macht in der sphäre der öffentlichkeit, die aber trotzalledem auch immer auf den privaten bereich angewiesen ist.
diese hierarchie drückt sich im gewaltverhältnis von öffentlichkeit als gewaltförmiges/-tätiges gegeneinander zur privatheit als idealtypisch gewaltloses miteinander aus. ein verhältnis von gewalt zu gewaltlosigkeit, die beliebten zwei seiten derselben medaille.

Der staat

der staat entsteht in enge; zusammenbang mit der herausbildung der tauschwert- und warengesellschaft, als deren regulator. er sorgt dafür, dass die gewalt der gegner in tausch und konkurrenzkampf, zum überwiegenden teil latente gewalt bleibt. er reguliert diese gewalt durch gesetze, institutionen, regeln etc. (d.h. schutz von person und eigentum … menschen/männerwürde) deren befolgung er durchsetzt – mit gewalt. der staat hält mit seinem gewaltmonopol die gewalt, die im warentausch liegt, in den grenzen, die den langfristigen ablauf des tauschens erst ermöglichen. er ist deshalb dem bereich des tausches zuzuordnen, also ein teil der männlichen öffentlichkeit.
desweiteren greift der staat aber auch regulierend in die privatheit ein, wenn dies notwendig ist, um den reibungslosen ablauf im tauschbereich zu gewährleisten. die eingriffe des staates führen zur scheinbaren verwischung der grenzen der sphären. ein beispiel dafür ist die familienpolitik. hier zeigt sich nochmal das hierarchische verhältnis der öffentlichkeit gegenüber dem privaten.

vorläufige zusammenfassung

zusammengefaßt läßt sich bürgerliche gesellschaft nach folgender struktur kennzeichnen:
die gesellschaft zerfällt in zwei sphären, die in einem hierarchischen gewaltverhältnis zueinander stehen. die gewaltförmig angelegte öffentlichkeit von tausch und politik, mit ihrer ideologie des grenzenlosen wachstums, steht über der idealerweise als gewaltlos bestimmten privatheit, die in ihrer beschränktheit vor allem auf unmittelbare zwischenmenschlichkeit ausgerichtet ist.
der staat ist teil der öffentlichkeit, der die gewalt des tauschens mit gewalt begrenzt, und öffentlichkeit und privatheit reguliert, damit der tausch seinen lauf nehmen kann.

das verhältnis der sphären als verhältnis der geschlechter

dies alles geschieht nicht geschlechtsneutral.
die gewaltförmig strukturierte öffentlichkeit, alles was warenproduktion und -tausch und deren regulation, also politik, betrifft, ist vom mann besetzt bzw. als »männlich« symbolisiert. seine sozialisation ist darauf ausgerichtet und erzieht damit idealerweise zu gewalttätigkeit/-bereitschaft, zu konkurrenz und abstrakter leistung, zu tauschrationalem handeln, denken und fühlen.
das private ist »weiblich« symbolisiert und der frau zugeordnet. sie ist zuständig für das nicht-verwertbare, reduziert auf die sogenannte »beziehungsarbeit«, auf »hausarbeit« und mütterlichkeit. ihre sozialisation ist auf das unmittelbare miteinander, auf den zusammenhalt des privaten nestes ausgerichtet. ihr fühlen, denken und handeln soll deshalb idealerweise gewaltfrei und einfühlsam sein. insbesondere gegenüber dem gewalttätigen mann ist diese gewaltfreiheit für den zusammenhalt der familie notwendig.
so wie das verhältnis der gesellschaftlichen sphären ein hierarchisches ist, und eines von gewalt zu gewaltlosigkeit, ist damit auch das verhältnis der in diesen sphären verorteten geschlechter ein solches. alles was mit dem symbol »männlich« belegt ist steht über dem als »weiblich« bestimmten.
es ist ein gewaltverhältnis des mannes gegenüber der frau.

der ewige mann, die ewige frau?

sozialisation ist nichts abgeschlossenes. die geschlechteridentitäten werden tagtäglich und zeitlebens hergestellt, von der wiege bis zur bahre. und es ist nichts einseitiges, dem mensch wehrlos ausgeliefert wäre. es ist auch ein aktiver prozeß der aneignung dieser identitäten durch das einzelne individuum. macht mensch sich das bewußt, ist auch, sofern gewollt, veränderung möglich. mensch ist nicht sklave/sklavin seiner/ihrer sozialisation bzw. geschlechterrolle. dass individueller veränderung ohne entsprechender gesellschaftlicher veränderung grenzen gesetzt sind, sollte andererseits auch klar sein.
der vollständigkeit halber wäre jetzt noch zu klären, wieso der mann historisch die öffentlichkeit besetzt hat, bzw. wieso er dies konnte, und wieso die frau in der privatheit landete.
da dies ja schon ein paar tausend jährchen zurückliegt, treten nun gewiße probleme auf. aber das ist eine andere geschichte.
JEDI MÄRZ ’93

Zum 2-teiligen Text der Jedi-Ritter zum Geschlechterverhältnis

Endlich fangen Männer an, das Patriarchat zu diskutieren. Im Wie Weiter wurde ein Text von »Tenkile« abgedruckt, in dem Männer die These aufstellen, sie müßten sich ausschließlich unter Männern organisieren, um das Patriarchat revolutionär bekämpfen zu können. Eine »gemischte« Organisierung sei allenfalls in Form von Bündnissen als »unterstützende Zusammenschlüsse in einem unterstützenden Verhältnis« denkbar, Alles andere sei »Geschlechter-Reformismus«, Diesen Artikel nahmen die Jedi-Ritter zum Anlaß einer 2-teiligen »Kritik« (WW 8 und lO).
Im ersten Teil gehen sie leider nicht auf die von Tenkile aufgeworfenen Fragen ein, sondern werfen ihnen vor, sie hätten andere wichtige Fragen unbeantwortet gelassen wie:
Woher kommt das Patriarchat?
Wieso üben Männer Gewalt aus?
Wieso beuten sie Frauen aus?
Wieso schlagen Frauen nicht zurück?
Welche materielle Basis hat das Patriarchat?
Wie verändert sich das Patriarchat?
Weiterhin werfen sie ihnen vor, sie hätten Kapitalismus, Imperialismus, Sexismus und Rassismus als Begriffe gebraucht, aber nicht erklärt und zueinander in Bezug gesetzt. So eine Rhetorik hat zwar wenig von solidarischer Kritik und viel von Aneinandervorbeireden, aber sie erzeugte doch immerhin eine gespannte Erwartung des zweiten Teils.
Wie werden die Jedis die gestellten Fragen beantworten?
Die Antworten im zweiten Teil waren nicht ganz leicht zu verstehen. Eigentlich gings fast nur um »Ware« und »Tausch« bzw. verschwurbelt studimäßig ausgedrückt um »Tauschwertvergesellschaftung«. Diese führe dann irgendwann zur Trennung der Sphären »Privat« und »öffentlich«. Diese beiden Sphären würden »nicht geschlechtsneutral« besetzt. Nach dem Motto: Was interessiert mich mein Gelaber aus dem ersten Teil? endet der Artikel mit den Sätzen: »Der Vollständigkeit halber wäre jetzt noch zu klären, wieso der Mann historisch die Öffentlichkeit besetzt hat, bzw. wieso er dies konnte, und wieso die Frau in der Privatheit landete. Da dies ja schon ein paar tausend Jährchen zurückliegt, treten nun gewiße Probleme auf. Aber das ist eine andere Geschichte.«
Ist es nicht! Weil sowohl die Entstehung einer »Privalsphäre« als auch der Warenstruktur und des Tausches ebenfalls »ein paar tausend Jährchen« zurückliegt. Das ist doch der Kern des Jedi-Artikels! Die Jedis sagen: Erst entstanden Ware und Tausch, dann erst das Patriarchat! Im Grunde also ein Wiederaufguß von Engels‘ »Entstehung von Privateigentum, Familie und Staat« incl. Haupt- und Nebenwiderspruch.
Diese zeitliche Abfolge in der Entstehung von Warenstruktur und Patriarchat ist ein Musterbeispiel männlicher Definitionsmacht. Denn: Ebenso könnte sich beides in umgedrehter Reihenfolge entwickelt haben oder – was mir am wahrscheinlichsten erscheint – in einer dialektischen Wechselwirkung gleichzeitig.
Aber letztlich ist das Spekulieren darüber ziemlich fruchtlos und sinnvoller wäre es in jedem Fall gewesen, inhaltlich auf den angeblich kritisierten Text von Tenkile einzugehen, denn in diesem ging es wenigstens um praktische Konsequenzen im Handeln von uns Männern.

Zum Abschluß ein kurzes Gedicht:

Zuerst die Henne oder zuerst das Ei?
Ein beliebtes Thema für Hahnengeschrei!

zum kommentar von J. in der ww 13 zu unserer TENKILE-kritik und dem text zum geschlechterverhältnis

»das imperium schlägt zurück!«
wir haben uns wirklich ehrlich gefreut, dass anscheinend zumindest mal ein mann einen text von uns gelesen hat, dass er sich dann auch noch gedanken dazu gemacht und diese gedanken an die öffentlichkeit transportiert hat, ist eigentlich mehr als wir zu hoffen wagten.

was den rest der schweigenden autonomen mannschaft betrifft, sind wir wenig überrascht. zu ihnen fällt uns nur noch ein »weiter so, jungs. wirklich spitze!«

mensch störe sich nun ja nicht an dieser unserer üblen eingangs-»rhetorik«, wir sind tatsächlich höchst entzückt, überhaupt mal ’ne reaktion zu kriegen. diese euphorie gründet sicher auch darin, dass wir dadurch auf Unklarheiten in unseren texten hingewiesen werden und wir solche mängel immer gern beheben!

J. meint wir würden sagen, erst entstünden ware und tausch und dann das patriarchat. na, da hat er uns mißverstanden! das mag wohl daran liegen, dass wir von der gesellschaftlichen struktur die das (moderne) geschlechterverhältnis bestimmt, ausgegangen sind und dann erst ihren namen benannt haben (»das geschieht nicht geschlechtsneutral« …). der grund für diesen aufbau unseres textes ist, dass es uns eben auf diese struktur ankommt. da das geschlechterverhältnis nicht aus den sogenannten biologischen geschlechtern zu erklären ist, muß das wesen der patriarchalen struktur wo anders zu suchen sein. auch wenn sich dieses wesen dann symbolisch an die geschlechter anhaftet und scheinbar mit ihnen verschmilzt. zu dieser verschmelzung haben wir nur andeutungen gemacht, aber dies war auch nicht das zentral zu erklärende. es ging ja vor allem um die herleitung des gewaltverhältnisses zwischen den geschlechtern, das sich eben aus den unterschiedlichen macht- und gewaltressourcen und prinzipien von öffentlichkeit und privatheit speist.

wir dachten wir hätten uns deutlich genug ausgedrückt:
tauschwertvergesellschaftung entsteht als patriarchale form von Vergesellschaftung. in der warenform ist die trennung der gesellschaft in öffentlichkeit und privatheit als prinzip immer schon angelegt. die historische entwicklung bildet diese trennung und damit das entsprechende gewaltverhältnis voll heraus. damit macht aber auch die patriarchale zuordnung, die ja die geschlechtstypische seite dieses machtverhältnisses öffentlichkeit versus privatheit darstellt; diese entwicklung durch.

ware und tausch sind selbstverständlich nicht das patriarchat.
ebenso wie sie nicht identisch mit der üblichen auffassung von kapitalismus übereinstimmen. ware, tausch, also leistung bringen, arbeiten, (politische) identitätssuche von autonomen etc. sind nur das bestimmende von (moderner) »männlichkeit«. »weiblichkeit« ist symbolisch und real mit der (modernen) privatheit verknüpft/verschmolzen/vercodet, d.h. mit mütterlichkeit, kindern, sog. »sinnlichkeit«, liebe, … und existiert nicht unabhängig von der öffentlichkeit.

mit haupt- und nebenwiderspruch hat das nun wirklich nichts zu tun. mit engels erst recht nicht.
wir sagen: ware und tausch und patriarchales geschlechterverhältnis gehören zusammen, das eine entsteht mit und als das andere.

übrigens um das hier nochmal klar zu stellen: ware und tausch sind nichts dem individuum; d.h. in unserem fall dem mann, äußeres, sondern durchzieht ihn. ware und tausch sind auch keine (nur) ökonomischen begriffe, sondern sie strukturieren männliches verhalten, denken und fühlen zueinander bzw. vielmehr gegeneinander auch bei spiel, sport und sex.

nun zu der frage der entstehung »des« patriarchats vor »ein paar tausend jährchen«: das ist eben doch eine andere geschichte, weil es erstens geschichte ist, d.h. wirklich nichts direkt mit der heutigen situation zu tun hat (siehe·comic!). und zweitens die erklärung des patriarchats (seines wesens) eine andere frage ist, als die historische beschreibung seines vielgestaltigen entstehens und entwickelns. zum vergleich: das aufkommen von kapitalbildung aus der schatzbildung, steigende wollsockenpreise in flandern (siehe mew 23, kapitel 24) usw. ist was anderes als die erklärung, was kapitalbildung ist.

trotz unserer eingangs beschriebenen freudigen erregung sehen wir uns jetzt noch genötigt ein paar kleine unschärfen des textes von J. ins linke licht zu rücken.

so behaupten TENKILE unserer ansicht nach nicht, daß sich männer nur unter männern organisieren sollen, um das patriarchat revolutionär bekämpfen zu können. vielmehr sagen sie, dass sie dazu gar nicht in der lage sind, »objektiv« selbstverständlich, da sie ja überhaupt nicht vom patriarchat unterdrückt wären. sie überlassen diesen »revolutionären kampf«, was immer das in diesem zusammenbang auch heißen mag, den frauen. sie versuchen diese dabei möglichst wenig zu stören, d.h. sie kümmern sich um staat und kapital und deligieren den kampf gegen das geschlechterverhältnis an die frauen.

natürlich sind sie »solidarisch unterstützend«, das schützt einerseits vor angriffen: sie würden sich nicht mit dem geschlechterverhältnis befassen. und es schützt davor nachdenken zu müssen, vor allem auch über sich selber, und erhält die revolutionäre idendidäd (= »gute« männer …).
wir nehmen mal an, wenn J. schreibt, wir würden auf die von TENKILE aufgeworfenen fragen nicht eingehen, meint er mit diesen von uns unbeachteten fragen – die praxis, die organisation, den konkreten antipatriarchalen kampf.
nun ja, der aufbau des TENKILE-papieres ist doch in aller kürze folgender: sie machen theorie und leiten aus ihren ergebnissen dann ihre (nicht-)praxis ab.
wir finden diesen aufbau grundsätzlich sehr sinnvoll. sich zuerst gedanken zu machen und dann zu handeln halten wir für wesentlich erfolgversprechender als die allgemein beliebte umgekehrte vorgehensweise. allerdings sind wir der ansieht, dass ihre theorie, d.h. die grundlage ihres handelns, nicht gerade der hammer ist. eine praxis, die darauf beruht, wird tendenziell dann ebenfalls nur mist sein. eigentlich ziemlich logisch, oder?

trotzdem gehen wir unabhängig davon noch auf das ein, was sie als »praktische konsequenzen im handeln von uns männern« (J.) fordern. ihr antipatriarchaler kampf sieht unserer ansieht nach so aus, dass sie den lieben gott einen tollen mann sein lassen und sich nicht weiter um das geschlechterverhältnis kümmern (siehe hierzu oben und unseren ersten text, ww 8). das finden wir ist falsch und bemühen uns mit Veranstaltungen etc. siehe auch den text »zur sogenannten männerfrage«, wo unserer ansicht nach wichtige dinge zur zusammenarbeit von männern mit frauen drinstehen.

wenn uns das als unsolidarische kritik angekreidet wird, fragen wir uns schon was damit eigentlich gemeint ist? Etwas nach dem stil: »ein bischen mist ist das schon, was ihr da verzapft, aber wir finden euch trotzdem sehr nett, und deshalb sagen wir lieber keine bösen sachen über euer papier«?
wir denken kritik heißt falsches widerlegen, etwas begründet abzulehnen und abzuschaffen und das ist einerseits ätzend und ist andererseits produktiv, denn falsches verbaut den weg nach hannover (= das paradies).
d.h. was der terminus »solidarisch« soll, ist uns schleierhaft.

anscheinend waren wir aber nicht nur zu »unsolidarisch«, sondern auch noch schlichtweg unverständlich. dafür möchten wir uns mit nachdruck entschuldigen. wir schreiben wohl immer noch viel zu kompliziert. schließlich haben wir unseren einzigen »verschurbelt studiemäßigen« (J., ww l3) begriff »tauschwertvergesellschaftung« ( JEDI, ww 10) nur über zwei dutzend zeilen erklärt. dagegen ist TENKILES begriffshuberei sicher 1a-nachvollziehbar!

versöhnliches ende:
hiermit ist J. offiziell von den JEDI-RITTERN zu einem sinnlichen tafelschmaus eingeladen. ob es eier oder huhn gibt wird die historie zeigen. wir plädieren für PEKING-ENTE!!
… aber das ist nun wirklich eine andere geschichte.

hier noch unsere kulturellen beiträge:

JEDI-RITTER
FÜR DAS GUTE – GEGEN DAS BÖSE
april ’93

den dialektischen kampf von huhn und ei vorantreiben:

kein hahn ohne henne
kein columbus ohne ei(er)
schweinerei(erer)